...Wann verkauft VW Kaffee?
Genau so lautete am 4.5.1990 eine Schlagzeile der Bild-Zeitung in Bremen. Doch was hat es damit auf sich? Das Unternehmen EDUSCHO (Vor der Übernahme durch Tchibo 1997 war Eduscho in Bremen eine der größten deutschen Kaffeeröstereien) startete in den 1990ern die Werbekampagne „Bonjour“. „Bonjour mein Liebster“ oder „Bonjour, der Temperamentvolle“ lautete es in der Werbung und dazu gab es Kaffee, Joghurt-Riegel, Kaffeebecher etc.
Aber was hat das mit Mini zu tun?
Nun, das Unternehmen hat 1990 insgesamt 10 rote Mini in England bestellt, diese wurden in Deutschland zu Cabriolets umgebaut und veredelt. Mit goldfarbenen BONJOUR Aufklebern versehen wurden sie dann als limitiertes Sondermodell verkauft. Tadaaah
So, und dann mal ein wenig zurückgespult und in die Details…
Vom 3.5.1990 bis zum 17.5.1990 konnte jeder sein Interesse für das Bonjour-Cabrio „telefonisch“ bekunden. In der Werbung heißt es „sollte es mehr Interessenten als Autos geben, entscheidet das Los“. Natürlich war es ganz genau so – die diversen Telefonleitungen bei Eduscho standen nicht mehr still. Zum einem wurde das Cabrio zu einem günstigen Sonderpreis verkauft und zum anderen, gab es 1990 noch kein Mini Werks-Cabrio. Es war sehr wohl möglich einen Umbau zu kaufen und ähnlich ausstatten zu lassen, dann allerdings deutlich teurer.
Die Basis des Bonjour Cabriolets ist ein Mini Mayfair, der 1990 für ca. DM 15.000,- erhältlich war. Zuzüglich der Kosten der Firma SSC aus Frankfurt/Main, die den „Kleinen“ zum Cabrio umbaute und dem Styling von Karosse und Innenraum durch die Firma Weizinger Exclusiv Automobil GmbH mit Sitz in Remscheid, kam ein Eduscho Verkaufspreis von DM 19.999 heraus.
Die Zusatzausstattung beinhaltete:
- Wurzelholz Armaturenbrett
- Alu Sportfelgen 6Jx13 mit Speichendesign
- Kotflügelverbreiterung mit Seitenschweller
- Pirelli Reifen 175/50/13
- Raid Sportlenkrad
- Speziallackierung (Kotflügelverbeiterung, Schweller und Stoßstangen in Wagenfarbe)
- Stereo-Cassetten-Recorder (haltet Euch fest – MIT Suchlauf Automatik, Loudness-Taste und Balance-Regler 😊 )
Der knallrote Flitzer, der Temperamentvolle – mit flinken 42 PS, fand seine erste Besitzerin dann tatsächlich auch in Bremen. Petra M. bekam den Zuschlag für eines der 10 Cabriolets und konnte ihr Traumauto am 1.6.1990 in Bremerhaven in Empfang nehmen. Die erste Zulassung erfolgte dann gleich am 5.6.1990. Petra hat das Auto mit viele Liebe gepflegt und durch einige Anschaffungen, wie Recaro-Sitze, eine Fahr-Persenning, neue Lautsprecher, einen Holz-Schaltknauf etc., weiter aufgewertet.
Zwei Kinder und nur ganz wenige Kilometer später hat Petra, zu meinem großen Glück, festgestellt, dass sie das Auto kaum noch bewegt und es tatsächlich nicht besonders Kleinkindtauglich ist, da es auf dem Rücksitz doch sehr zieht. Somit stand das Cabrio dann 2003, mit nur 22821 gelaufenen Kilometern auf dem Tacho, zum Verkauf. Ich war zu diesem Zeitpunkt auf der Suche nach einem Spaßmobil, hatte aber außer ein paar befreundeten Mini-Fahrern wenig Bezug zum Mini. Außerdem ist mein Vater KFZ-Mechaniker und er hätte mir auch grundsätzlich von einem englischen Auto abgeraten. Oldtimer sind zwar in meiner Familie sehr beliebt, ich habe in den Neunzigern einen BMW 2002 tii und einen Mercedes Benz /8 mein Eigen nennen dürfen, aber ein Engländer?
DOCH! Ich sah, liebte und kaufte!
Ursprünglich war die Idee von einem Spaß-Mobil in meiner Vorstellung so etwas wie ein BMW Cabrio. Freunde von mir sagten damals: „Suse, das geht gar nicht!!!“ Ein Grill-Nachmittag bei eben diesen lieben Freunden, bei einem Glas Wein, telefonierten wir spontan mit dem Minifahrer-Kumpel, der von Petra mit dem Verkauf beauftragt wurde. Nur wenige Stunden später saß ich im Cabrio für die erste Probefahrt. Ich muss gestehen, verliebt hatte ich mich schon beim ersten Anblick aber auch die Fahrt war ein Traum! Es passte einfach alles und was soll ich sagen, eine Woche später war es meins! Noch immer bin ich mehr als glücklich mit meinem Mini und würde ihn für kein Geld der Welt wieder hergeben. Ich denke, ich muss nur „Nicht-Minifahrern“ erklären, was es bedeutet in einem Mini zu fahren.
Bis heute habe ich von den 10 Bonjour Cabrios leider nur zwei weitere finden können, eines im Ruhrpott und ein weiteres im Raum Braunschweig. Zum Glück pflegen alle Besitzer ihr Cabrio und somit sind diese Beiden im Zustand auch nach 30 Jahren noch recht gut.
In all den Jahren habe ich niemals auch nur den Motor, Kupplung, Vergaser oder andere wichtige Teile tauschen oder reparieren lassen müssen, lediglich Verschleißteile, wie bei jedem anderen Auto auch. Der Mini wird natürlich stets in der Garage geparkt und auch hauptsächlich bei trockenem Wetter gefahren. Mir war dann aber schnell klar, dass das nicht reicht. Nun musste also ein 2ter Mini her und zwar mit Dach. Gesucht, für gut befunden und gekauft. Ebenfalls ein Mini Mayfair, Baujahr 1991 – was soll ich sagen, ich war definitiv „minifiziert“.
Apropos „minifiziert“ – auch das Interesse (und Vertrauen) meines Vaters wurde neu geweckt und er hat mittlerweile selbst einen Mini restauriert und fährt ihn nun mit sehr viel Freude. So ist das in der Mini-Familie, sicher kein Einzelfall, aber immer einzigartig.
Gleich nach dem Kauf, schloss ich mich einem Bremer Mini-Club an und wurde wunderbar unterstützt. So bekam mein Cabrio (ich habe es „Josephine“ genannt) dann zügig eine neue Hohlraumversiegelung und regelmäßige Inspektionen. Das ist bis heute so, gerade wieder neu versiegelt, abgeschmiert und mit frischen Reifen geht es in die neue Saison.
Ich versuche das Bonjour Cabrio möglichst im Original 1990er Zustand zu erhalten und nehme Modifikationen so gut wie gar nicht vor. Ein neues Radio musste allerdings her. Sorry, meine Musik-Cassetten waren in keinem „Ohr-angenehmen“ Zustand mehr. Aber, es wurde so passend gekauft und eingebaut, dass nicht gebohrt werden musste und jederzeit in den Originalzustand rückversetzt werden kann.
Das Bonjour Cabrio hat bis heute 85.000 KM gelaufen und mich unter anderem schon sicher und pannenfrei nach Frankreich, England und Belgien gebracht. Außerdem hat es mir sehr, sehr viele wunderbare Menschen und Freundschaften beschert.
So wohne ich heute nicht mehr in Bremen, sondern in Hessen, denn mein Lieblingsmensch, fährt ebenfalls mein Lieblingsauto und ist „straight outta Hessen“ .
Fazit: Definitiv eine meiner besten Entscheidungen!
Happy 30th Birthday und Bonjour meine liebste Josephine