«Mini Thirty» – Instandhaltung eines Familienschatzes

  • Hallo zusammen!

    Da ich nun schon mehrfach darauf angeschrieben wurde – und in der Hoffnung, euch nicht zu langweilen – erzähle ich euch ein bisschen mehr von dem «Projekt» (jaja, ein bisschen das Läppchen schwingen kommt nicht ganz an eine Komplettrestaurierung ran), das mich die letzten paar Monate beschäftigt hat, und das ich in diesem Thread angerissen hatte.

    Wo fange ich am besten an? Vielleicht ganz vorne... (ob das mit dem «nicht langweilen» wohl klappt?): 1989, ich war gerade mal fümpf, kaufte mein alter Herr einen der Thirty-Jubiläumsminis und ließ ihn noch ein wenig aufmotzen (Weber-Vergaser, Sportauspuff und ein bisschen Schnickschnack). Seither ist er unser Schönwetter-Auto. Entsprechend hat der Kleine – bald 32 Lenze alt und seit drei Jahren in meinem Besitz – gerade einmal 28.000 km auf dem Buckel und sieht aus wie aus dem Ei gepellt. Zumindest auf den ersten Blick. Denn der Blick unter die Haube verrät: «Hier ist sogar der Dreck original». Dass der Tüv seit Jahren als einzigen Mangel «Motor ölfeucht» aufführt, kommt nicht von irgend her und kann angesichts des sich in drei Jahrzehnten angesammelten Schmaddels als sehr wohlwollende Umschreibung verstanden werden. Doch sehet selbst!

    Abgesehen vom optischen Zustand störte mich aber auch schon länger der Wust an Schläuchen und Kabeln, der sich kreuz und quer durch den Motorraum schlängelte, um dann vielfach im Nichts zu enden (weil seit Jahrzehnten funktionslos). Also hieß es erstmal auf- bzw. ausräumen. Schlimmeres befürchtend, flog als erstes die Spritzwanddämmung raus. «Spritzwandschwamm» wäre wohl die treffendere Bezeichnung. Wie nicht anders zu erwarten, hatte es rund um den Kupplungsgeberzylinder schon gut gegammelt. Da sie sich aber als die einzige größere, während des kompletten Projekts entdeckte Roststelle entpuppen sollte: geschenkt!

    Nachdem einen der neue, blitzblanke Ventildeckel nun anguckte wie ein befrackter Operngast auf einem Schlammcatch-Event, wurde es höchste Zeit für eine ordentliche Dusche. Meine immer gehegten Bedenken, man könne dabei irgendwas kaputt machen, über Board geworfen, mit Polytop Motorreiniger Viskose und Hochdruckreiniger bewaffnet – gib ihm! Ergebnis? Holy Shit, was ein Teufelszeug! Selten mit 30 Minuten Arbeit so viel Effekt erzielt.

    Spätestens jetzt, wo er so schön vor sich hin glänzte, war klar, dass ein neues «Schlauch-und-Kabel-Management» her musste. Damit der neue Heizungsschlauch sich nicht wie sein Vorgänger erstmal von links quer über den Motor lang machen muss, um ans Ventil zu kommen, um dann von rechts wieder zurückzuwandern, habe ich das Ventil besorgt, das direkt auf den Block kommt. Von da kann der Schlauch auf direktem Weg durch die Spritzwand zur Heizung.

    Nun musste die Entscheidung her: Was tun mit Endgegner Elektrik? Da ich mich partout nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass dieser «cleane» Motorraum nun wieder mit Gekabels, Sicherungskasten und Relais vollgehängt würde, entschied ich, dass der ganze Salat hinter die Spritzwand ins Handschuhfach ziehen muss. Schaut nun so aus (klingt easy, war's natürlich überhaupt nicht. Tränen und Nervenzusammenbrüche konnten nur knapp abgewendet werden):

    Wieder zurück auf die andere Seite der Spritzwand. Neben einigen Neuteilen (u.a. Ventildeckel, KGZ und Zündspule) habe ich einige Teile aufbereitet, bzw. aufbereiten lassen. So hat mich das Pulvern des Seitendeckels, für den man bei einem bekannten Online-Handel geschmeidige 252,33 Euro löhnt, ganze 5 Euro gekostet.

    Buchstäblich aufpoliert wurde die ursprünglich schwarze DBilas-Luftkammer des Weber-Vergasers, der dazugehörige Deckel wurde schwarz gepulvert.

    Blieb noch der Zusammenbau. Die Maxime weiterhin: Clean bleiben! Heißt, dass jeder Schlauch und jedes Kabel etliche Male umgelegt wurden, bis der richtige Platz gefunden worden war. Als besonders tricky erwies sich die zweiteilige Range-Rover-Hupe. Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich mit den Dingern in der Hand vorm Auto saß um immer wieder festzustellen: «Nee, da ist auch kacke.» Mit der letzten Endes auserkorenen Stelle bin ich dafür umso glücklicher:

    Und wie sieht das Ganze nun fertig aus? Voilà:

  • An dieser Stelle möchte ich mich ganz, ganz herzlich bei meinem Freund Christoph aka Erbi bedanken: Du bist der Knaller! Merci!

    Und an all jene, die sich das tatsächlich alles durchgelesen haben: Ich freue mich auf Feedback, Fragen, Anregungen und auch Kritik. Denn nach dem Projekt ist vor dem Projekt.

    In diesem Sinne Grüße von der Saar

    Philip.

  • ...ich befürchte du wirst an den Hupen nicht lange Freude haben, sofern du vor hast auch ab und zu mal im Regen zu fahren....

  • seh ich das richtig: entlüftung läuft hinterm Vergaser lang?

    Hast du den Bypass im kopf (Wapu)?

    Gruß
    der Michael

    (alle Angaben in Fahrtrichtung)

  • ...ich befürchte du wirst an den Hupen nicht lange Freude haben, sofern du vor hast auch ab und zu mal im Regen zu fahren....

    Ja, ich habe auch in Erwägung gezogen, das Horn so auszurichten, dass die Öffnung nicht gerade voll in Fahrtrichtung zeigt. Da das Risiko einer Regenfahrt aber tatsächlich verschwindend gering ist, habe ich mich doch für die akustisch sinnvollste Variante entschieden.

    seh ich das richtig: entlüftung läuft hinterm Vergaser lang?

    Jein. Vorher ging der Schlauch oberhalb des Vergasers lang, nun verläuft er (parallel zum Kraftstoffschlauch) untendrunter durch direkt zum Öbabscheider. Wieso, hast Du Bedenken?

    Hast du den Bypass im kopf (Wapu)?

    Nee, sorry. Da gibt es auch verschiedene, je nach Modell. Und obwohl ich mir den Richtigen besorgt habe, musste ich ihn etwas einkürzen, damit er nicht knickt.

  • auf jeden Fall um Welten besser als die Ausgangsbasis..... :thumbs_up:

    (Den Block hätte ich aber auch noch getüncht....wenn du schon alles raus hattest....)

  • Ja, ich habe auch in Erwägung gezogen, das Horn so auszurichten, dass die Öffnung nicht gerade voll in Fahrtrichtung zeigt. Da das Risiko einer Regenfahrt aber tatsächlich verschwindend gering ist, habe ich mich doch für die akustisch sinnvollste Variante entschieden.

    Wäre -nach dem Umdrehen des Horns um 180- es „akustisch“ weniger sinnvoll? Warum? Wegen Doppler-Effekt?

    Viele Grüße

    Paul

  • (Den Block hätte ich aber auch noch getüncht....wenn du schon alles raus hattest....)

    Habe ich auch kurz überlegt, aber schnell wieder verworfen. Mir gefällt, dass man sogar noch die farblichen Markierungen erkennt. Das schreit förmlich «ich bin original!».

    Wäre -nach dem Umdrehen des Horns um 1800 - es „akustisch“ weniger sinnvoll? Warum? Wegen Doppler-Effekt?

    Hmmm... ehrlich gesagt habe ich meine laienhafte Annahme «Horn Richtung Straße ist sicher besser als Horn nach innen» gar nicht weiter hinterfragt... vielleicht hast Du Recht. 🤔 Ich probier's mal aus.

  • Stimmt, serienmäßig kuckt das Horn für gewöhnlich nach unten. Damit die Nässe da auch wieder raus laufen kann!

    Kann akustisch nicht so schlimm sein, wenn man sieht, wo einige Autos die verbaut haben...

    Und ich fand's gleich cool, dass mal jemand nicht gleich bei Gelegenheit seinen Motorblock übermalt, damit er wie ein Bonbon aussieht ;)

    Ausreichend Schlaf ist kein Ersatz für Kaffee!
    Und umgekehrt.

  • Und ich fand's gleich cool, dass mal jemand nicht gleich bei Gelegenheit seinen Motorblock übermalt, damit er wie ein Bonbon aussieht ;)

    «... wie ein Bonbon»... Da musste ich doch kurz laut lachen.

    Ich finde bei komplett neu aufgebauten Minis sieht es schon scharf aus, wenn einen sogar der Motorblock anglänzt.

    Zu meinem passt es aber nicht, wie ich finde. Das Tolle an ihm ist ja, dass er seit 1989 quasi im Originalzustand in Familienbesitz ist. Bei allen Sachen, die ich an ihm mache, bleibt das immer mein Anspruch. Schränkt mich natürlich schon extrem ein. Es gibt super viele Sachen, die ich cool finde, die aber eben nicht in Frage kommen.

    Kleines Beispiel: transparente Blinker. Hätte ich einen Bastel-Mini, kämen die sofort dran. So heißt es dann aber «Nein, Philip. Der Thirty hat orangefarbene Blinker und die bleiben auch so!» Oder ein vernünftiges Radio: «Nope, das '89 verbaute Blaupunkt Flensburg SQR 39 (877,46 DM) bleibt!»

  • So heißt es ... «Nein, Philip. Der Thirty hat orangefarbene Blinker und die bleiben auch so!» Oder ein vernünftiges Radio: «Nope, das '89 verbaute Blaupunkt Flensburg SQR 39 (877,46 DM) bleibt!»

    Das hat ein Weiser gesagt... :wink: Dein Vater?

    Viele Grüße

    Paul

  • Das hat ein Weiser gesagt... :wink: Dein Vater?

    Nee nee, das bin ich, der zu sich selbst spricht. Das innere Retro-Gewissen quasi. Du kannst es Dir als kleines Männchen vorstellen, das in Knickerbocker auf meiner Schulter sitzt und mahnend seinen kleinen Rohrstock anhebt, sobald ich mich in «Man könnte auch...»-Gedanken zu verlieren drohe.

    Mein Vater hatte da – zumindest 1989 – weniger Skrupel. Innerhalb des ersten Jahres nach Kauf war er allein für Eintragungen zweimal beim Tüv. Da war ihm völlig egal, was da ab Werk für ein Auspuff drunter hing. Er wollte en ordentliches Rohr, das ordentlich klingt und mittig aus der Heckschürze kommt. Ordentlich klingen musste auch die Hupe, weshalb die – Zitat – Fahrradklingel elf Tage nach Kauf rausflog.

    (Falls Du Dich fragst, warum ich so einen Kram so genau weiß: Ich könnte stundenlang in der nahezu lückenlosen Fahrzeug-Historie rumblättern)

  • AW50 14. Dezember 2021 um 09:45

    Hat den Titel des Themas von „Elektrik nach innen verlegt, Motorraum aufgeräumt und aufgehübscht“ zu „«Mini Thirty» – Instandhaltung eines Familienschatzes“ geändert.
  • Salut zusammen!

    Wie wahnsinnig naiv ich doch war, tatsächlich zu glauben, dass ich nach Abschluss des Projekts, das den ursprünglichen Namen dieses Threads trug («Elektrik nach innen verlegt, Motorraum aufgeräumt und aufgehübscht»), zufrieden und «fertig» sein würde. Einmal damit angefangen…

    Aufgrund eurer bislang interessierten sowie positiven Resonanz – und weil es auch einfach schön ist, die eigenen Arbeiten irgendwo dokumentiert zu haben – habe ich beschlossen, dem Thread einen allgemeineren Namen zu verpassen und dieses sympathische Forum weiter an meinen wortwörtlichen Mini-Projekten teilhaben zu lassen. (Auch wenn es schon ein bisschen peinlich ist, neben solch irre geilen Projekten wie diesem von Dr.Mabo gelistet zu sein. Wer das ebenfalls blamabel findet, kann spätestens hier mit dem Lesen aufhören).

    Für alle anderen (und mich) mache ich weiter, wo ich vor sechs Monaten aufgehört hatte: mit dem letzten Kapitel des Motorraum-Projekts. Vor der Montage des Grills haben dieser sowie die Traverse einen frischen Anstrich bekommen. Da Letztere ja durchaus leicht von der Motorhaube in Mitleidenschaft gezogen wird, bin ich mit dem Lack, wie man deutlich sieht, nicht gerade sparsam umgegangen.

    Frage dazu in die Runde: Hat jemand einen Tipp, wie ich – abgesehen von vorsichtigem Öffnen und Schließen der Motorhaube – einem erneuten Zerkratzen der Traverse vorbeugen kann? Ein erster Versuch mit Gummiring und -Streifen hat sich als wenig haltbar erwiesen…

    Auch wenn ich schon immer gerne endlose Runden um den Kleinen drehte, so viele Stunden wie in den vergangenen Monaten habe ich noch nie bei ihm verbracht. Dadurch fielen mir Dinge auf, die ich jahrelang überhaupt nicht wahrgenommen habe. Etwa, dass Stoßstange und Nummernschild minimal schepp waren. Zwar mochte ich auch sein asymmetrisches Gesicht, aber so gefällt es mir dann doch noch besser:

    Zeit für die nächste Baustelle! Dank 32 Jahre trockene Garage ist Rost wirklich kaum vorhanden… mit einer Ausnahme: Seit Langem blühte es schon unterhalb des Windschutzscheibengummis, inzwischen entging die Stelle auch dem wohlwollendsten Auge nicht mehr. Da Scheibenausbau, etwaige Metallarbeiten und das Lackieren von sichtbaren Stellen meine limitierten Kompetenzen eindeutig übersteigen, war klar, dass da ein Profi ran muss. Und wenn er ohnehin schon Farbe anrührt, dann kann er doch auch gleich…

    Die beiden Seitenschweller waren ab Werk so doof montiert, dass sie an mehreren Befestigungsstellen eingerissen waren. Nicht schön. Noch unschöner war hingegen das originale Auspuff-Loch, das 1989 nach Einzug des Mittelrohrs eher lieblos verschlossen worden war. Dass das Vattern, den alten Pingel, offenbar nie gestört hat, wird mir für immer ein Rätsel bleiben. Dafür erfreue ich mich nach Jahrzehnten des Naserümpfens seit gestern Abend umso mehr am Ergebnis:

    Heute sind dann die Seitenschweller dran. Hoffentlich schraube ich präziser als Brian aus Birmingham…

    In diesem Sinne, minimalistische Grüße von der Saar

    Philip

    Einmal editiert, zuletzt von AW50 (14. Dezember 2021 um 13:04)

  • Frage dazu in die Runde: Hat jemand einen Tipp, wie ich – abgesehen von vorsichtigem Öffnen und Schließen der Motorhaube – einem erneuten Zerkratzen der Traverse vorbeugen kann? Ein erster Versuch mit Gummiring und -Streifen hat sich als wenig haltbar erwiesen…

    Dieses Aufnahmeblech für den Haubendödel ist eigentlich nicht lackiert.

  • Das Verkratzen des Schließbleches kann man nur dauerhaft verhindern wenn man

    - die Schlossplatte (in die der Haubendorn eintaucht) verchromen lässt

    - dort wo der Haubenhaken entlang streift einen dünnen (selbstgebauten) Edelstahlwinkel anklebt (mit Sikaflex o.ä.) oder anschraubt.

    Schöne Arbeit die da geleistet wurde.... weitermachen :thumbs_up:

    gruss andy
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    Mini, you only get what you make of it!!!
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    Erfahrung lässt sich nicht "downloaden"!!!!!!!
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    "Der Gebildete treibt die Genauigkeit nicht weiter, als es der Natur der Sache entspricht" Aristoteles

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