Lucas, Lord of Darkness, Herr der elektrischen Dunkelheit!
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22. August 2021 um 23:25 -
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Oder die Frage: „Warum trinken die Engländer warmes Bier?“
Kein Wunder, wenn Lucas die Kühlschränke baut.
Aber mal Spaß beiseite. Die englische Elektrik ist besser als ihr Ruf (wenn sie gut in Schuss ist)
Man sollte aber bedenken, dass selbst die jüngsten Minis heute schon mindestens 20 Jahre alt sind.
Und viele noch viel älter.
Irgendwann kommen halt einfach die „Zipperlein“
Aber dagegen kann man vieles unternehmen, und verhindern, dass man ständig Ärger mit Lucas hat
Als erstes hier einmal ein paar grundlegende Dinge zur Elektrik im Mini.
Die Elektronik vom Einspritzer klammere ich hier mal bewusst aus.
Da kennen sich andere Leute viel besser aus :-)
Damit Elektrik funktioniert, muss Strom fließen können. Wie Wasser durch einen Schlauch.
Knicke ich den Schlauch, hat das Wasser einen Widerstand und fließt nicht mehr richtig. Egal wie weit ich den Hahn aufdrehe oder wie voll die Batterie ist...
Und schon sind wir wieder beim Strom.
Solche „Knickstellen“ gibt es auch in der Elektrik. Man nennt sie Übergangs-Widerstand.
Der Strom kann nicht ungehindert fließen und am Ende kommt nicht mehr genug „Saft“ an, damit die Scheinwerfer hell leuchten können.
Wenn der Strom gegen einen Widerstand „ankämpft“, wird es warm.
Der eine oder andere hat sicher schon einmal einen Lichtschalter im Mini gehabt, bei dem der Schalter im Bereich der Anschluß-Pins geschmolzen und auch der Stecker am Kabelbaum schon braun verfärbt war. Meistens stellt man das fest, wenn das Licht sich plötzlich nicht mehr einschalten lässt, weil die Pins im Schalter wegen Überhitzung eingesunken sind und im Schalter kein Kontakt mehr geschlossen werden kann... Da hilft dann nur noch ein neuer Schalter.
Dieses Problem entsteht, wenn die Kontakte im Schalter, sowie auch die Pins am Stecker etwas oxydiert sind und dadurch einen Widerstand erzeugen. Das Oxyd leitet halt nicht.
Und Widerstand erzeugt eben Wärme!
Dazu kommt noch, dass die Scheinwerfer komplett über den Schalter versorgt werden und bei Abblendlicht dann 2x 55W, also 110 Watt „heizen“. Bei Fernlicht sogar 120 W...
Viel Strom und gleichzeitig Widerstand erzeugt so viel Wärme, dass der Kunststoff des Schaltergehäuses weich wird...
Solche „Knickstellen im Wasserschlauch“ oder besser Übergangs-Widerstände gibt’s für den Strom auf seinem Weg durch die Mini-Elektrik eine ganze Menge.
Aus technischer Sicht gesehen, kommt der Strom vom + Pol der Batterie und will irgendwie zum – Pol der Batterie.
Anmerkung: Tatsächlich fließen die Elektronen aber von – nach +
Daher früher auch die englische + an Masse Verkabelung, auch positive Earth genannt.
Verfolgen wir mal den Strom von der Batterie aus, um die ganzen Übergangs-Widerstände zu finden.
Als Beispiel mal das Abblend-Licht:
Zur besseren Orientierung habe ich mal einen einfachen Schaltplan, wie er in der Art auch in den Haynes Handbüchern zu finden ist, auf das Nötigste reduziert gezeichnet.
Die Abkürzungen für die Kabelfarben finden sich hier im Text.
Schaltplan LichtDa wäre also der + Pol der Batterie und schon der erste „Stop“ an der Polklemme. Die Batteriepole aus Blei oxydieren, genauso wie die Polklemme des Batteriekabels. Die sollte man beide im Kontaktbereich wenigstens 1x im Jahr mit Schleif-Vließ reinigen und nach dem Anschließen mit etwas Polfett einpinseln. Das hält Luftfeuchtigkeit draußen.
Es gibt zwar auch Werkzeuge zum Reinigen der Pole und Polklemmen, aber die tragen zu viel Material ab. Plötzlich hält dann die Polklemme nicht mehr
Weiter geht’s durch das Batteriekabel zum Anlasser-Magnetschalter. Schon wieder ein geschraubter Anschluss mit mehreren Ring-Kabelschuhen, die gerne oxydieren. Zusätzlich sitzen die, beim späteren Anlasser direkt hinter´m Kühlergrill.
Abschrauben, metallisch blank reinigen, anschrauben und Polfett drauf. Auch eine Gummikappe ist dort original vorhanden...
Achtung: Bevor man am Magnetschalter am Batteriekabel schraubt, unbedingt die Batterie abklemmen!
Vom Anlasser-Magnetschalter geht dann ein braunes (BR) Kabel mit Flachsteck-Verbinder an den Sicherungskasten.
Steckverbinder = Übergangs-Widerstand
Problematisch ist schon die Verpressung (Crimpung) des Kabelschuhs auf das Kabel. Oxydation kriecht auch in die Crimpung. Sieht´s da schlecht aus, hilft nur ein neuer Kabelschuh.
Auch die Steckfahne am Sicherungskasten oxydiert. Reinigen und etwas Polfett...
Vom 2ten Steckanschluss am Sicherungskasten, immer noch VOR der Sicherung, geht ein braunes (BR) Kabel direkt in den Innenraum, zum Stecker des Lichtschalters.
Stecker = Übergangs-Widerstand.
Hier ist es weniger die Crimpung des Steck-Kontaktes, da es wenig Feuchtigkeit gibt, sondern der Pin am Schalter.
Reinigen und nach dem Aufstecken etwas WD40 in den Stecker sprühen.
Natürlich gibt’s nach vielen Jahren Fahrbetrieb auch Verschleiß im Schalter selbst.
Weiter geht’s durch den Schalter (hatten wir ja oben schon) und wieder den Stecker, jetzt auf ein blaues (BL) Kabel. Das blaue Kabel geht dann zum Stecker an der Lenksäule, wo es in der Regel keine größeren Probleme gibt. Hier reicht es, bei Gelegenheit mal den Stecker zu öffnen und wieder zusammen zu stecken. Danach etwas WD40 und die Feuchtigkeit bleibt draußen.
Mit dem blauen (BL) Kabel geht´s weiter zum Lenkstock-Schalter. Der Lenkstockschalter schaltet nur zwischen Abblend- und Fernlicht hin und her.
Die Schalter-Kontakte liegen an der „frischen Luft“ und oxydieren.
Selbst im eingebauten Zustand kommt man einigermaßen mit etwas Schleifpapier oder auch einer Nagelfeile da dran, wenn die Verkleidung ab ist.
Manchmal reicht sogar schon eine Staubfluse, um den Schalter in die eine oder andere Richtung nicht mehr schalten zu lassen.
Vom Lenkstockschalter geht dann ein blau/rotes (BL/R) Kabel, wieder durch den Stecker an der Lenksäule, bis hin zur Mitte des Hauben-Schließbleches.
Hier gibt’s keine Flachstecker, sondern sogenannte Lucar-Connectors. Von wem die wohl erfunden wurden? Von Lucas für Cars :-)
Ein runder Steckverbinder, auf´s Kabel gecrimpt und endet in einem 4-fach Verbinder, der außen mit einer Kunststoff-Hülse isoliert ist, an dem auch der linke und rechte Scheinwerfer angeschlossen ist.
1 Kabel rein, 2 Kabel raus, ergibt bei einem 4-fach Verbinder ein offenes Loch. Das ganze an vorderster Front unter´m Hauben-Schließblech.
Resultat: Großes Problem
Hier gibt’s fast immer kräftig Oxydation und entsprechend viel Übergangs-Widerstand.
Die 4-fach Lucar-Connectors kann man einigermaßen innen reinigen. Auch die Rundstecker am Kabel von außen. In der Crimpung ist das aber nicht mehr möglich.
Sieht´s hier schlecht aus = Alles neu machen!
Von diesem 4-fach Verbinder geht dann jeweils ein blau/rotes (BL/R) Kabel weiter zum linken und rechten Scheinwerfer an den Stecker der Bilux oder H4 Birne.
Wieder ein Stecker = Übergangs-Widerstand. Ggf. reinigen wenn nötig...
Und der Strom ist am Glühfaden angekommen. Das war aber erst der Hinweg.
Jetzt geht’s auf die 2. Etappe.
Der „Rückweg“ wird allgemein als „Masse“ bezeichnet. Massekabel sind beim Mini grundsätzlich schwarz (B).
Vom Lampenstecker geht also ein schwarzes (B) Kabel wieder zur Mitte des Hauben-Schließbleches.
Man ahnt es schon... Wieder so ein „vermalledeiter“ 4-fach Lucar-Connetor wie schon auf dem Hinweg...
Gleiches Vorgehen. Wenn schlecht = neu machen
Vom 4-fach Lucar-Connector geht dann ein schwarzes (B) Kabel weiter bis zum Haupt-Massepunkt im Motorraum.
Der befindet sich an der rechten (in Fahrtrichtung) dreieckigen Verstrebung der Motorraum-Traverse an der Spritzwand. Bescheiden zugängig, wenn auch noch ein Bremskraftverstärker verbaut ist.
Das Masse-Kabel ist mit einem Ring-Kabelschuh an der Karosserie verschraubt.
Ring-Kabelschuh oxydiert, Karosserie und Schraube rostet = Nix gut!
Alles metallisch blank reinigen. Mit neuer Schraube (1/4“ UNF) anschrauben und mit Polfett gut einpinseln.
Jetzt hat´s der Strom fast geschafft. Durch die Karosserie bis nach hinten zum Kofferraum-Boden, hinter der Batterie, nahe am – Pol.
Und wieder einen Verschraubung...
Ringöse am Batterie Masse-Kabel oxydiert, Blech rostet... Alles metallisch blank reinigen. Nach dem Verschrauben wieder Polfett...
Und jetzt wieder über die Polklemme an den -Pol der Batterie. Hielt gilt das gleiche, wie schon oben am +Pol
Will man den Weg über das Fernlicht nehmen, folgt man einfach vom Lenkstockschalter aus dem blau/weißen (BL/W) Kabel bis zur Bilux oder H4 Birne. Der „Rückweg ist dann wieder der selbe wie beim Abblendlicht.
Ein recht langer Weg und dann auch noch so viele „Knickstellen im Schlauch“ und man kann sich denken, warum die Lichter da vorne nicht so wirklich hell sind...
An dem langen Weg kann man nichts groß ändern, aber die ganzen Übergangs-Widerstände gilt es zu minimieren und schon fällt es dem Strom viel leichter, da vorne seine Arbeit zu verrichten.
Das gilt natürlich auch für alle anderen Stromkreise in der Mini-Elektrik.
Nun noch ein paar Tips für Reparaturen und auch Vorsorge, um möglichst lange Lord Lucas aus dem Weg zu gehen.
Reparaturen am Kabelbaum sollten, wann immer möglich, mit den korrekten Kabelfarben durchgeführt werden. Es hilft ungemein, wenn man später mal nach einem Fehler suchen muss.
Ein alter Kabelbaum kann da durchaus helfen.
Aber solche Kabel sind natürlich auch schon nicht mehr neu. Oft sitzt die Oxydation schon weit im Kabel. Wer schon mal versucht hat, oxydiertes Kabel zu löten, weiß, wovon ich rede.
Oxydiertes oder dunkel angelaufenes Kabel mit einem „Stoßverbinder“ einfach zu verlängern, ist auch nur eine Notlösung, denn besser wird es nicht mehr und eine neue Problemstelle für die Zukunft wurde geschaffen.
Von daher ist neues Kabel immer die bessere Lösung und das zu reparierende Kabel sollte bis zur blanken Litze gekürzt werden, wenn es möglich ist.
Die englischen Kabelfarben bekommt man aber leider nicht alle hier in Deutschland, aber einige gibt es schon.
Z.B. hier: https://www.kabel-schmidt.de/
Alle, im Mini verwendeten Farben bekommt man dagegen z.B. hier: https://www.autosparks.co.uk/
Da die Jungs von Autosparks alle derzeit für den Mini lieferbaren Kabelbäume herstellen, die man bei den bekannten Mini-Teilehändlern bekommt, haben die natürlich auch alles andere im Sortiment, was man für Reparaturen am Mini-Kabelbaum benötigt, wie Steck-Kontakte, Steckergehäuse und vieles mehr. Einfach mal etwas umschauen
Zum Thema Steck-Kontakte: Tut euch selbst einen Gefallen und „vergesst“ diese fertig isolierten Flachsteck-Kontakte in rot, blau und gelb. Genauso wie die einfachen Presszangen ohne Ratschen-Mechanismus. So etwas taugt für das Notfall-Werkzeug, wenn man mal zu einem Treffen weiter weg fährt. Dazu noch etwas Kabel für Notreparaturen und man ist für Notreparaturen gut gerüstet.
Aber bitte nicht in der eigenen Werkstatt.
Und erst recht nicht für eine Restauration!
Diese farbig isolierten Flachsteck-Verbinder sind meistens nicht zuverlässig gecrimpt und lassen sich auch nicht ordentlich vor Feuchtigkeit schützen.
Eine viel bessere Verbindung erreicht man mit nicht isolierten Steckverbindern, wenn sie mit einer guten Zange gecrimpt werden. Solche Crimp-Zangen bekommt man schon für „kleines“ Geld im Internet. Sie lassen sich vom Pressdruck einstellen, und öffnen erst wieder, wenn der eingestellte Pressdruck erreicht wurde. So wird jede Crimpung gleich gut und hält zuverlässig!
Diese nicht isolierten Steckverbinder gibt’s mit Rastnase für Gehäuse (z.B. Relais-Sockel) und auch die im Mini verwendeten Plastik-Gehäuse für Einzel-Steckverbinder.
Sowie auch ohne Rastnase.
Zum Isolieren bietet sich Schrumpfschlauch an, den es in allen erdenklichen Größen gibt.
Nicht original, aber um Welten besser!
Taucht man den gecrimpten Steckverbinder vorher in etwas Batteriepol-Fett, schmilzt dieses beim Schrumpfen und zieht tief ins Kabel ein. Oxydation ist dadurch für viele Jahre verhindert!
Runde Steckverbinder lassen sich natürlich leichter mit Schrumpfschlauch isolieren, als Flachsteck-Verbinder.
Sie werden in der Regel mit der gleichen Crimpzange gecrimpt.
Wer großen Wert auf Originalität legt, kann natürlich auch die typischen runden Lucar Kontakte mit den entsprechenden Verbindungshülsen verwenden. Sie sitzen halt seht fest in den Verbindungshülsen und reißen gelegentlich ab, wenn man versucht, sie heraus zu ziehen...
Die Lucar Kontakte gibt es zum Löten, sowie auch zum Crimpen. Dafür ist aber eine spezielle Zange erforderlich.
Findet man natürlich auch alles bei Autosparks.
Und noch etwas fällt mir ein.
Wie oft habe ich schon Restaurations-Berichte gesehen. Da wird gründlichst jeglicher Rost beseitigt, viel Geld in die Lackierung, Innenausstattung, Motor- und Fahrwerksüberholung und HiFi gesteckt.
Aber der Kabelbaum ist noch der alte...
Oft sogar nicht einmal zum Lackieren ausgebaut...
Zig tausend € ausgegeben und dann am Kabelbaum gespart? Um sich am Ende der Restaurierung mit Lord Lucas rum zu ärgern?
Kann ich nicht verstehen. Zumal es alles neu gibt!
Bei den großen Mini-Teilehändlern gibt es ein großes Angebot an Kabelbäumen. Oft sogar lagernd.
Oder man schaut einfach mal bei Autosparks rein, die die Kabelbäume herstellen.
Da gibt’s vom Basis MK I bis hin zum späten Spi alle Kabelbäume, inkl. Motorkabelbäume für die Einspritzung neu zu kaufen. Egal ob links oder rechts gelenkt.
Nur beim Mpi sieht´s derzeit noch mau aus. Scheinbar sind die noch nicht alt genug, oder die Nachfrage ist zu gering...
Angst vor´m Aus- und Einbauen? Wirklich nicht nötig!
Wenn die Karosserie weitgehend „nackt“ und kein Himmel drin ist, dauert ein Einbau vom Haupt-Kabelbaum gerade mal 1-2 gemütliche Stunden. Den hinteren Kabelbaum hat man in einer Stunde drin. Das gleiche gilt für den Motor-Kabelbaum beim Einspritzer.
Bei den „außen“ liegenden Steckverbindungen noch eine Batterie-Pol-Fett-Kur nach dem Anschließen.
Dazu noch neue Schalter für die Schalterleiste und Tür-Kontakte und man hat für die nächsten 15-20 Jahre Ruhe... Und die Scheinwerfer leuchten sogar hell
Der Ausbau geht noch schneller. Dabei zieht man sich dann beim heraus ziehen des hinteren Kabelbaums ein „Zug-Kabel“ ein, um den Einbau durch A-Säule und unter´m Dach zu erleichtern...
Das darf dann bei der Lackierung drin bleiben...
Wenn man es noch nie gemacht hat, einfach von allen Bereichen Fotos machen und die einzelnen Stecker markieren/beschriften.
Die Markierungen kann man später auf den neuen Kabelbaum übertragen und in Verbindung mit den Fotos sollte es keine Probleme mehr geben!
Und je nach Auto kostet das im Vergleich zum Rest der Restauration nur einen kleinen Bruchteil...
Beim Spi wegen dem zusätzlichen Motor-Kabelbaum natürlich ein paar € mehr als beim Vergaser...
Aber dafür gibt’s ein großes Maß an Zuverlässigkeit für viele Jahre!
Und das Märchen von Lord Lucas bleibt ein Märchen